Mitgliederbrief des Vorsitzenden der CDU Brandenburg zur Flüchtlingsproblematik
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder,
die Europäische Union, Deutschland und Brandenburg stehen vor einer großen Aufgabe: Krieg, Gewalt und Vertreibung zwingen Millionen zur Flucht. Menschen verlassen ihre Heimat, Familien werden getrennt und am Ende eines langen Weges steht eine ungewisse Zukunft.
Das unser Land in einer solchen Situation Hilfe leistet und Unterstützung gewährt, ist für eine christliche Volkspartei neben rechtlichen Gründen auch ein Gebot der Nächstenliebe und der Humanität. Deutschland und auch Brandenburg haben gezeigt, dass gelebte Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft keine Lippenbekenntnisse, sondern feste Bestandteile unserer Kultur sind. All jenen, die sich beruflich oder im Ehrenamt um die Unterbringung, Versorgung und Integration der vielen Flüchtlinge bemühen, gebührt daher große Anerkennung und tiefer Dank. Ganz persönlich möchte ich mich auch bei vielen CDU-Mitgliedern für die Hinweise und Anregungen bedanken.
Die vergangenen Wochen und Monate haben aber auch gezeigt, dass selbst die größte Bereitschaft zur Hilfe keine grenzenlose Aufnahme meistern kann. Neben der behördlichen Erfassung oder der Unterbringung, müssen an erster Stelle die innere Ordnung und Sicherheit in unserem Land gewährleistet bleiben. Aus diesem Grund war es richtig, die systematische Erfassung und ein geordnetes Verfahren durch Grenzkontrollen sicherzustellen.
Auch rechtliche Bestimmungen müssen dringend an die besonderen Entwicklungen angepasst werden. Am 24. September 2015 haben sich die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder auf ein umfangreiches Maßnamepaket verständigt, um den derzeitigen und den zu erwartenden Flüchtlingsandrang zu bewältigen. Neben der finanziellen Unterstützung der Länder und Kommunen durch den Bund, waren insbesondere die Beschleunigung von Asylverfahren sowie die Vermeidung von Fehlanreizen für offenkundig nicht Asylberechtigte wichtige Schwerpunkte der Beratungen. Nachdem SPD, LINKE und GRÜNE die Einstufung der Balkanländer als sichere Herkunftsländer im Bundesrat seit vielen Monaten blockiert und damit auch zur jetzigen Situation beigetragen haben, wurde auch hier eine Einigung erzielt.
Obwohl alle Regierungschefs der Länder und auch das Bundeskabinett den Ergebnissen zugestimmt haben, distanzierte sich die Brandenburger Regierungskoalition aus SPD und LINKE allerdings bereits im Landtag davon. Es bestehen ernsthafte Zweifel, was das Wort des Ministerpräsidenten in der aktuellen Koalition wirklich wert ist. Wegen der Blockadehaltung der LINKEN wird sich die Landesregierung bei der Abstimmung zur Ausweitung der sicheren Herkunftsländer Albanien, Kosovo und Montenegro nun offenbar im Bundesrat enthalten - trotz der Zustimmung von Dietmar Woidke gegenüber der Bundeskanzlerin. Auch beim Prinzip vorrangig Sach- statt Geldleistungen auszureichen, bleibt die tatsächliche Umsetzung in Brandenburg mehr als fraglich.
Sinnvolle Vorschläge der CDU-Brandenburg, beispielsweise für Runde Tische mit den Kommunen oder die zügige Überarbeitung wichtiger Gesetze, wurden abgelehnt. Rot-Rot ist handlungsunfähig, hat Brandenburg mit diesem Verhalten bundesweit blamiert und verweigert die Umsetzung dringend erforderlicher Maßnahmen.
Die große Flüchtlingsbewegung wird unser Land nicht nur die nächsten Wochen und Monate fordern, sie ist vielmehr eine zentrale Aufgabe unserer Generation.
Es geht darum, wer nach einem schnellen und fairen Verfahren Anspruch auf Schutz hat und hier bleiben kann. Es gilt, künftig stärker zwischen den Asylbewerbern mit Bleibeperspektive und denen ohne Bleibeperspektive zu unterscheiden. Wem kein Recht auf Asyl beschieden wird, der muss zurück in das Herkunftsland. Das gilt es konsequent umzusetzen.
Es geht um ein gerechtes und an gleichen Standards orientiertes Handeln der Europäischen Union. Sowohl die Verteilung der Flüchtlinge, als auch das Asylrecht müssen auf einen gemeinsamen Nenner gebracht und zusammen durchgesetzt werden. Außerdem ist den Ursachen von Krieg und Vertreibung stärker zu begegnen und auf eine friedliche Entwicklung der Krisenländer hinzuwirken. Für diese Punkte gab es bereits eine erste Verständigung der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union am 23. September 2015.
Und es geht vor allem um die Integration derer, die dauerhaft hier bleiben wollen. Weil dafür ein Landesintegrationsgesetz wichtig ist, arbeiten wir bereits an einer entsprechenden Initiative. Dabei gelten die Prinzipien, die unser Land stark und erfolgreich gemacht haben: Frieden, Freiheit und Toleranz in einem demokratischen Rechtstaat. Wer sich an diesen Werten orientiert, sich danach verhält und auch bereit ist, sich in unsere Gesellschaft einzubringen, der kann auch bei uns eine neue Heimat finden. Lassen Sie uns als Brandenburger Union weiter dafür eintreten, dass das Verantwortungsbewusstsein einer christlichen Partei und der klare Blick für die Realitäten und Entwicklungsperspektiven unserer Heimat in einer ausgewogenen Balance bleiben.
Dank der Unterstützung Europäischen Volkspartei (EVP) - insbesondere durch Herrn Dr. Christian Ehler als Mitglied des Europäischen Parlaments - werden wir im Herbst dieses Jahres mehrere Informations- und Diskussionsveranstaltungen organisieren. Dabei wollen wir mit Ihnen über die aktuelle Situation und die großen Herausforderungen für Politik und Gesellschaft sprechen und Lösungsansätze entwickeln. Über die genauen Termine werden wir Sie rechtzeitig informieren.
Ihre Meinungen, Positionen und Hinweise sind wichtige Orientierungspunkte für die Arbeit und Ausrichtung unserer CDU Brandenburg.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Senftleben